trees might love each other
07.09. — 17.09.2018
Teil des unabhängigen Ausstellungsprogramms Pappenheimgasse 37
Eröffnung: 07. September 2018, 15 - 18h
Öffnungstage: 13.09. 15 - 18h und 17.09. 16 - 20h
PDF - Text
http://www.lukashochrieder.com/
Der Titel ist gedanklicher Ausgangspunkt und verweist auf eine neuere Denkrichtung, die
Bäume als ´soziale Lebewesen´ versteht und ihnen soziale Kompetenzen, beispielsweise
Empathiefähigkeit, zuschreibt. Bäume, so scheint es, können sich gegenseitig wahrnehmen,
miteinander kommunizieren und interagieren. Empathie kann als die Fähigkeit
Eigenschaften, Empfindungen und Emotionen des Anderen wahrzunehmen, verstanden
werden.
In der Ausstellungs-Situation treten einzelne Materialien und Objekte, der Raum und die
BetrachterInnen in Beziehung. Ein ´räumliches Gefüge´ mit unterschiedlichen Charakteren,
das mit dem Begriff der ´Atmosphäre´1 beschrieben und reflektiert werden kann.
Ein gegenseitiges Wahrnehmen, die Möglichkeit eines empathischen Blickes. Wie reagiert
ein Material auf ein anderes, wie treten Objekte mit dem Raum und den BetrachterInnen in
Beziehung? ´Atmosphäre´ - wie kann etwas Unsichtbares, Filigranes und Ephemeres gedacht
und im Material sowie im Raum sicht- und begreifbar gemacht werden kann.
In der Auseinandersetzung mit dem Thema sowie den Begriffen Empathie und Atmosphäre
sind vier ´Momente´, Material- bzw. Themenschwerpunkte entstanden:
PARISER MÜLLSACK // WACHS / WOLLE // UNGEBRANNTE KERAMIK // DEATH TREES TALKING
PARISER MÜLLSACK
2013 FINDE ICH IN PARIS AUF DER STRASSE EINE ROLLE DER PARISER
STADTMÜLLSÄCKE. DAS MATERIAL, EIN GRÜNLICH TRANSPARENTER PLASTIKSACK,
INTERESSIERT MICH. ICH NEHME SIE MIT UND BEWAHRE SIE AUF. FREI SCHWEBEND,
BEWEGLICH UND MIT EINER LEICHTIGKEIT, WERDEN SIE TEIL DES PARISER
STADTBILDES. DIE TRANSPARENZ LÄSST AUF SICHERHEITSTECHNISCHE GRÜNDE
SCHLIESSEN. ICH DENKE ÜBER DEN BEGRIFF DER ATMOSPHÄRE NACH: SUMME ALLER
EINZELTEILE - UNSICHTBAR - MITBESTIMMEND. DURCH DEN MÜLLSACK KANN
HINDURCHGESCHAUT WERDEN, GLEICHZEITIG BLEIBT ER MITBESTIMMEND FÜR DEN
BLICK: ATMOSPHÄREN SIND WIE BRILLEN, DIE DEN BLICK EINFÄRBEN. IN GROß
GEDRUCKTEN BUCHSTABEN U.A. DAS WORT ´VIGILANCE´. WACHSAMKEIT / UMSICHT /
WACHHEIT / VORSICHT / ... DAS WORT INTERESSIERT MICH. ICH DESTILLIERE ES -
DENKE ÜBER EMPATHIE NACH. HABEN BÄUME EMPATHIEFÄHIGKEIT? DO TREES
MIGHT LOVE EACH OTHER? IM FRÜHLING ERZEUGEN DIE BLÄTTER EINE NEUE
RÄUMLICHKEIT - DAS GRÜNLICHE BLÄTTERDACH LÄSST MICH AN DAS PARISER
STADTBILD DER GRÜNEN MÜLLSÄCKE DENKEN.
1„[Atmosphären] sind Räume, insofern sie durch die Anwesenheit von Dingen, von Menschen oder
Umgebungskonstellationen, d.h. durch deren Ekstasen, >>tingiert<< sind. Sie sind selbst Spähren der Anwesenheit
von etwas, ihre Wirklichkeit im Raume. [...] Atmosphären [werden] nicht freischwebend gedacht, sondern gerade
umgekehrt als etwas, das von den Dingen, von Menschen oder deren Konstellationen ausgeht und geschaffen wird.“
In: Gernot Böhme: Atmosphäre. Essays zur neuen Ästhetik. Edition suhrkamp. Suhrkamp Verlag, Berlin, 2013. S. 33.
WACHS / WOLLE
MITTELS FEINER WURZELGEFLECHTE, DUFTSTOFFEN ODER DER SYMBIOSE MIT
PILZEN UND IHREN LANGEN FÄDEN, DIE EIN UNTERIRDISCHES NETZWERK
BILDEN, KÖNNEN SICH BÄUME GEGENSEITIG WAHRNEHMEN,
KOMMUNIZIEREN UND INTERAGIEREN.2 WASSERBAHNEN DURCHZIEHEN DEN
BAUMSTAMM - FLÜSSIGKEIT WIRD NACH OBEN TRANSPORTIERT - HARZ RINNT
DEN BAUM HINUNTER. AUSGANGSPUNKT FÜR DIE OBJEKTE BILDET WEITERS
MEIN INTERESSE AM FLUIDEN - SICH IN SEINER FORM NICHT FESTLEGENDEM -
DEM RINNENDEN UND FLÜSSIGEN - ALS PHÄNOMEN AN SICH. ICH DENKE AN
KAUSALITÄTEN, DIE ICH IM STADTRAUM BEOBACHTE - FEINSTAUB DER DURCH
REGEN DIE HAUSWÄNDE HINUNTERRINNT UND ZU ZEICHNUNG AN FASSADEN
WIRD.
UNGEBRANNTE KERAMIK
UNGEBRANNTE KERAMIK ERLAUBT MIR EIN UNMITTELBARES EINZEICHNEN IN
DEN RAUM - EIN EINGEHEN AUF DIE GEGEBENEN RÄUMLICHKEITEN - SICH IN
BEZIEHUNG SETZEN. EIN SCHAFFEN VON MOMENTEN - VON
UNVORHERSEHBAREN BRUCHSTELLEN - ZERBRECHLICHKEIT - LEBENDIGKEIT.
WALD - EIN FILIGRANES, FLUIDES, EPHEMERES SYSTEM - WIE ATMOSPHÄREN.
BÄUME WACHSEN IN DIE HÖHE - FALLEN WIEDER UM - WERDEN ZU ERDE -
VERTIKAL - HORIZONTAL.
DEATH TREES TALKING
ICH GEHE DURCH DAS KUNSTHISTORISCHE MUSEUM WIEN. NEBEN DEN
BILDERN, OBJEKTEN - DEM VISUELLEN - IST ES DIE AKUSTISCHE EBENE, DIE ICH
WAHRNEHME. ICH GEHE AUF HOLZ. DER SOUND IST ABDRUCK DESSEN -
UNSERE INTERAKTION ERZEUGT GERÄUSCHE. ICH SETZE MICH AUF EINES DER
GROSSEN SOFAS, BEOBACHTE DIE VORBEIZIEHENDEN MENSCHEN UND DIE
DABEI ENTSTEHENDE SOUNDFLÄCHE. WENN BÄUME KOMMUNIZIEREN - WIE
KLINGEN SIE? SOUND IST RAUM - IST WESENTLICHER BESTANDTEIL DER
ATMOSPHÄRE. RÄUME DER KUNSTBETRACHTUNG - EIN KOMMEN UND GEHENEIN
FÜLLEN UND LEEREN DES RAUMES - STETIGER WANDEL DER
ATMOSPHÄRE.
2 GEOkompakt. Die Grundlage des Wissens: „Unser Wald“. Nr.52., 2017.